Ernst Mitzka ist ein deutscher Künstler. Er lebt und arbeitet in Berlin. International bekannt wurde Mitzka schon durch seine frühen Video- und Photoarbeiten, später auch mit seiner Malerei.
Ernst Mitzkas Kunst der Undercover-Ermittlung
Auf Papier und Leinwand, in Zeichnungen, Druckgrafik, Filmen, Videos, Fotografie und Installationen begibt sich Ernst Mitzka unerschrocken auf die Suche nach den Erscheinungen, die hinter der Oberfläche und in den Zwischenräumen der Wirklichkeit liegen. Pathosgesten von Politikern, Kämpfende in Uniform, Personen beim Sport und in der Freizeit, Tiere, Gefangene, Flugobjekte, psychologische Tests, Stereotypen und Merkwürdigkeiten jeglicher Art: Ausgangspunkte seiner detektivischen Erkundungen sind Images aus Zeitungen, Zeitschriften, illustrierten Sachbüchern und dem Internet, die er seit langem sammelt und archiviert. Die Stoffe, mit denen der Künstler arbeitet, sind weitgehend gefunden, nicht erfunden: mediale Repräsentationen von Ereignissen, die bereits bestimmten politischen, ökonomischen und anderweitig instrumentalisierten Interessen folgen. Diesen versteckten Dynamiken ist er auf der Spur. Seine Methode der Offenlegung von Gewaltmechanismen und grobem Unfug der Herrschenden in unserer kapitalgesteuerten Welt ist die der verdeckten und verdeckenden Ermittlung.
In seinen feinsinnig-gesellschaftskritischen, scharfsichtig-ironischen, gleichermaßen surrealen wie aufrüttelnd realitätsnahen Bildmontagen decouvriert er übermalend die Systeme und Strukturen politischer und ideologischer Macht, wie sie sich in den visuellen Materialen aus den Medien implizit artikulieren: eine paradoxe Strategie des entziehenden Sichtbarmachens des Beklemmenden und Suspekten, das in der nivellierenden alltäglichen Flut auf uns einströmender Katastrophen und Spektakel leicht untergeht und übersehen wird, durch gezielte Wegnahme und buchstäbliches Vertuschen von zuvor auf Papier oder Leinwand platzierten fotografischen Motiven. Als teils oder auch in Gänze verhüllte, subkutane Informationen wirken sie gleichsam undercover im Untergrund der gegenläufigen abstrakten Farbschichtungen, konturierenden Hervorhebungen und comichaft reduzierten Figurationen weiter.
Mitzka setzt das Verbergen und Übertünchen von Informationen, die ihrerseits in medialen Bildern verborgen sind, als essenzielles Mittel der Aktivierung der Imagination der Betrachterinnen und Betrachter ein: Diese sind aufgefordert, die Leerstellen in Gedanken zu füllen und die (Farb-)Schleier mental zu lüften, und so selbst zu Undercover-Agentinnen und –Akteuren zu werden. Die Gegenüberstellung des scheinbar Widersinnigen ist ein weiterer Ansatz, Seh- und Denkgewohnheiten aufzumischen. Textfragmente, die als Titel und verbale Elemente in den Bildern selbst auftauchen, tragen zum Vexierspiel des Künstlers Wesentliches bei. Poesie und Horror, Tragikomik und Trauma gehen in seinen nie geradewegs zu entschlüsselnden Werken – simultan Tatorte und ästhetische Katalysatoren der Beweisführung und Spurensicherung – ineinander über. Ob still oder bewegt, durchlässig aquarelliert oder mit pastosem Acrylauftrag verdichtet, gemalt, montiert, gezeichnet oder gefilmt: Als nie ganz zu Ende gesehene Suchbilder bleiben seine Kompositionen vieldeutig, widerständig und dauerhaft im Fluss, oszillierend zwischen konzeptuell-methodischer Ordnung und der Poesie des Irrationalen, die sich vehement und behände dem Zugriff entzieht.
Belinda Grace Gardner